< zurückblättern Inhalt vorblättern >

werden konnte. Während nun eine gute Partie Russen hier lange verweilte, wurden neben der Landbrücke noch zwei Brücken geschlagen, welche gerade fertig waren, als am letzten April der Kronprinz von Preußen zuletzt hier ankam, bei einigem Verweilen, unter einer gezogenen Linde, im Garten des Lehngerichts einige Erfrischungen einnahm und sich auf die humanste Art äußerte, nachdem wir die übrigen Prinzen und vorzüglichsten Generale schon vorher hatten durchgehen sehen.

            Obschon die am Ende des Dorfes neu erbauten Brücken eben nicht geeignet waren, uns mit sonderlich frohen Hoffnungen zu erfüllen, so schmeichelten wir uns doch wenigstens mit einiger Unterbrechung des bisherigen unruhigen Treibens. Waren meine Parochianen seither von der öffentlichen Gottesverehrung sehr abgehalten worden, so fanden sie sich den nächsten Sonntag, am 2. Mai, desto zahlreicher ein. Ich sprach den Zeitumständen gemäß, verhehlte ihnen keineswegs die Gefahr, welche uns drohte; suchte sie aber zu ermuntern und empfahl sie nebst unserm guten König dem gütigen Schutze des Regierers der Welt. Und da mein Mund nur das aussprach was ich empfand, so geschahe es, das ich, durch die innere Vorstellung des Unglücks der Einwohner, in der Nähe einer Schlacht, geleitet und durchdrungen, gegen das Ende meiner Rede, ohne dass ich, so zu sagen, wusste, wie? In die lebendige Beschreibung und Darstellung einer Schlacht überging, als wenn ich sie so eben als Zuschauer, mit allen ihren Schrecknissen und Folgen, mit eigenen Augen sähe, und darinnen so lange fortfuhr, bis die bei mir und andern entstandene Rührung den Schluss gebot!

            Es sind dieses nicht leere Worte, sondern buchstäblich wahr und mehr als 500 Menschen haben es gehöret! Sehr viele fragten mich gleich noch auf dem Kirchhofe, ob ich etwas wüsste, dass schon eine Schlacht angegangen sei? - Natürlich konnte ich ihnen keine Gewissheit geben, sagte ihnen jedoch: dass ich einer solchen Nachricht mit jeder Stunde entgegen sähe! Und wie es sich bald zeigte, hatte ich obige Worte gerade in derselben Stunde gesprochen, in welcher die Schlacht bei Lützen wirklich begonnen hatte.

            Was ich nach der mir bekannt gewordenen Kampflust so vielen Militärs nicht ohne Grund vermutete, ging sehr bald in traurige Wirklichkeit über. Es war ein herrlicher Nachmittag, welcher die Einwohner auf die Felder lockte, um nach den bisher unterbrochenen Feldarbeiten zu sehen; bald aber glaubte man ein fernes Getöse zu bemerken, bis man sich in den Steinklüften von dem rollenden Kanonendonner überzeugte und ein

219

< zurückblättern Inhalt vorblättern >