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sein, wenn wir uns mehr hätten besinnen können. Es war dieses eine Not, in der da bei weitem nicht das Schlimmste war, was wir wirklich empfanden, sondern das, womit wir in unserm Gemüte rangen: die Furcht, das ängstliche Warten der Dinge, die da kommen würden, und das trostlose Hin- und Herschwanken zwischen Mutlosigkeit und Hoffnung.

            Fast zur nämlichen Zeit, wie am 1. Oktober, brach das befürchtete Ungewitter aus. Unsere vielen Gäste hatten auf Verlangen die Mahlzeit früher erhalten, als gewöhnlich, und die eben zurückgekommenen Leute waren um 1 Uhr im Begriff ihnen den Kaffee zu bringen, hatten aber den zum Teil weit entfernten Ort ihrer Bestimmung nicht erreichen können, sondern in der schon entstandenen Verwirrung auch das ganze Geschirr verloren.

            Ehe sich noch etwas rührte, war ich einer Verabredung wegen in das Gericht gegangen, und nachher sollte, da Sonntag war, eine uns erlaubte Betstunde gehalten werden, doch ohne dabei mit einer Glocke zu läuten, und wobei die Teilnehmer durch den Pfarrhof hätten gehen müssen, weil das Kirchhoftor zu war. Noch war ich im Gericht, als die abermalige Annäherung der Franzosen verkündigt wurde. Mit der Möglichsten Schnelligkeit eilte ich meiner Wohnung zu, und wie groß war mein Schrecken, als ich schon über 200 Franzosen im Garten erblickte, welche den vorigen Angriffspunkten zueilten. Ich fasste mich aber doch, lief mit der größten Hastigkeit mitten durch und kam glücklich in das Haus, als schon viele Schüsse aus dem Verhau fielen, welche den Garten bestrichen. Nicht 5 Minuten war ich in das Haus, als im Garten und an der Brücke die französische Infanterie zu einigen Tausenden angewachsen und ein weit stärkeres Gefecht im vollen Gange war. Abermals bloß auf meine Wohnung eingeschränkt, suchte ich, so wie es bei der ersten Affäre geschehen war, die Eingänge wieder zu verwahren, um wenigstens keinem Teil zum Verdacht Veranlassung zu geben. Mit großer Heftigkeit mochte das Gefechte eine Stunde gedauert haben, als sehr stark an die hintere Haustüre gepocht wurde und zuletzt fast erbrochen werden sollte, wodurch wir uns zur Öffnung gezwungen sahen. Zwei Hauptleute, ein Leutnant und ein Feldwebel stellten sich uns Bestürzten dar, und verlangten Erfrischungen. Mit nicht geringer Furcht mussten wir sie in der, in den Garten gehende Stube bewirten und alle Augenblicke befürchten, erschossen zu werden, da immer wieder Kugeln an die Mauer schlugen. Da sie alle der deutschen Sprache mächtig waren, so fand bald ein der Zeit angemessenes Gespräch statt, und besonders zeigte

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